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Chromtrioxid und REACH

Im Jahr 2006 wurde die sogenannte REACH-Verordnung beschlossen. REACH steht für „Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe" (Registration, Evaluation, Authorisierung and Restriction of Chemicals). Diese sieht vor, dass für die Nutzung von gefährlichen Stoffen (Substances of very high Concern = SVHC) Zulassungsgenehmigungen notwendig sind.

Chromtrioxid wurde auf Betreiben von Deutschland als SVHC gelistet. Seit dem sogenannte Sunset Date, dem 21. September 2017, darf Chromtrioxid gemäß REACH grundsätzlich nicht mehr verwendet oder in Verkehr gebracht werden, sofern keine Autorisierung für die Verwendung erteilt wurde. Dies gilt auch für Lagerbestände und für die wässrige Lösung des Chromtrioxids, die oft als Chromsäure bezeichnet wird.

Ursprünglicher Vorschlag der EU-Kommission für Zulassungszeiten (Review Periods)

Um die Möglichkeit einer kontinuierlichen Weiterverwendung im Rahmen der REACH-Verordnung aufrecht zu erhalten, haben zahlreiche Hersteller- und Anwender-Konsortien Zulassungsanträge für Chromtrioxid eingereicht. 

Zuständig für die Bewertung dieser Anträge ist die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA) mit Sitz in Helsinki. Dort befassten sich zwei Komitees mit dem Thema Chromtrioxid: der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC). Laut ihrer abschließenden Empfehlungen sind bei einer weiteren Verwendung von Chromtrioxid in der EU die Risiken für die menschliche Gesundheit deutlich geringer als der Gesamtnutzen der Weiterverwendung. Normalerweise folgt die EU-Kommission den Empfehlungen der ECHA.

Ende September 2020 war davon auszugehen, dass folgende Zeiträume bis zur ersten Überprüfung der Zulassung festgelegt würden:

  • Formulieren und Herstellen von Mischungen: sieben Jahre (ab Sunset Date)
  • Funktionelles Verchromen: sieben Jahre (ab Sunset Date)
  • Funktionelles Verchromen mit dekorativem Charakter: ausgesetzt, es müssen Substitutionspläne eingereicht werden 
  • Konversionsschichten für Anwendungen im Bereich Luft- und Raumfahrt: sieben Jahre (ab Sunset Date)
  • Konversionsschichten für Anwendungen für verschiedene Industrien: sieben Jahre (ab Sunset Date)
  • Passivieren von „Tin-Plated Steel“ (ETP): sieben Jahre (ab Sunset Date)
  • Kunststoffmetallisierung für automobile Anwendungen: sieben Jahre (ab Sunset Date)

Innerhalb dieser Zeitfenster müssten Beschichter eine chrom(VI)-freie Alternativtechnologie implementiert. Andernfalls ist bis spätestens 18 Monate vor Ablauf des Zulassungszeitraumes (Review Period) ein Überprüfungsbericht (Review Report) einzureichen.

Der REACH Regelungsausschuss war diesem Vorschlag gefolgt, die Autorisierungen wurden am 18. Dezember 2020 erteilt.

Das EU-Parlament hat jedoch interveniert und das EuGH hat diese Autorisierungsentscheidung am 20. April 2023 aufgehoben.

Die Gründe waren folgende[1]:

  1. Die Kommission habe Verwendungen von Chromtrioxid auf der Grundlage einer Risikobewertung für die menschliche Gesundheit genehmigt, welche die Anforderungen von Artikel 60 Absatz 4 der REACH-Verordnung nicht erfüllten.
  2. Die Kommission habe nicht zu dem Schluss kommen dürfen, dass es keine geeigneten Alternativen für die zugelassenen Verwendungen gebe.

Das Gericht hat ferner entschieden, dass die Wirkungen der Kommissionsentscheidung ein Jahr lang aufrechterhalten werden sollen, bis die Kommission eine neue Entscheidung getroffen hat.

Verwendung von Chromsäure im Interimszeitraum möglich

Nach wie vor sind Lieferung und Verwendung von Chromtrioxid und chromtrioxidhaltigen Mischungen und Zubereitungen im Zeitraum zwischen dem Sunset Date und dem Tag der rechtsverbindlichen Erteilung der Zulassung uneingeschränkt möglich. Dies gilt jedoch nur für Verwendungen, für die eine Zulassung beantragt wurde. Bei ihnen müssen auch die Vorgaben seitens der Anträge schon jetzt erfüllt sein. 

Betreiber von Galvaniken können dann für den wahrscheinlichen Fall, dass ihre Überwachungsbehörden in dieser Zwischenzeit Fragen zur Zulassung stellen, auf die laufenden Zulassungsanträge ihrer Lieferanten bzw. Autorisierungskonsortien verweisen. Diese sind auf der ECHA-Website einsehbar (Informationen über laufende Zulassungsanträge).

Eine Entscheidung der Kommission, wie im Urteil gefordert, steht noch aus.

Planungen der Kommission zu einer Beschränkung von Chromtrioxid

Die EU-Kommission veröffentlichte Informationen zur aktuellen Situation und kommenden Entwicklung für die Autorisierung von Chromtrioxid[2].

Im Besonderen stellte die Kommission darin fest, dass das Autorisierungsverfahren offenbar nicht für die Verwendungen von Chromtrioxid geeignet ist. Der Arbeitsaufwand für die Behörden sei nicht zu bewältigen. Die ECHA bekam daher das Mandat, einen Vorschlag für eine Beschränkung von Chromtrioxid (und andere Cr(VI)-Substanzen) zu erarbeiten.

CrO3 würde dann von Anhang 14, REACH auf Anhang 17 verschoben.[3]

Ein „Call for Evidence“ wurde mit spezifischen Fragen zur Vorbereitung einer Beschränkung durchgeführt (Dez. 23 – Feb. 24[4], ZVO hat kommentiert).

Nach Aussagen der ECHA ist im Oktober 2024 mit einem ausgearbeiteten Vorschlag zu rechnen. Es wird möglich sein, ihn in einer „Public Consultation“ zu kommentieren.

Ziel der Kommission ist es, in etwa drei Jahren das Verfahren abgeschlossen zu haben. Bis dahin läuft das Verfahren der Autorisierung unverändert weiter – jedoch würden die Autorisierungen mit Einführung der Beschränkung bedeutungslos.


[1] Notiz auf REACH Helpdesk

[2] Q&A zu Chromtrioxid unter REACH

[3] öffentliche Verlautbarung durch ECHA

[4] Information durch ZVO